Kühlturmvermessung bei BKR
Baubegleitende Vermessung bei der Errichtung von Stahlbetonkühltürmen
Stahlbetonkühltürme sind extrem empfindliche Konstruktionen, etwa viermal so fragil wie ein Hühnerei.
Im Detail heißt das, das Verhältnis von Wanddicke zum Durchmesser beträgt 1:625 beim Kühlturm gegenüber 1:150 beim Ei. Diese Konstruktion wird durch die Membrantragwirkung der doppelt gekrümmten Schale ermöglicht.
Enge Grenzen bei der Erstellung von Statikkonzepten.
Die in den Statikkonzepten angenommene Geometrieperfektion setzt enge Fertigungstoleranzen voraus.
Diese werden in der Regel für jeden Punkt des Gesamtbauwerkes mit 100 mm angegeben, Grenzmaße betragen +/- 50 mm. Der Vermessung stehen davon nach DIN 18710 lediglich 20% zur Verfügung, also eine Spanne von +/- 10 mm.
Abweichungen und Verformungen
Bei der Auswahl der zum Einsatz kommenden Vermessungsausrüstung und des Messkonzeptes muss all dies berücksichtigt werden.
Das Vermessungskonzept für die Ausrichtung der Kletterschalung beruht auf einer aufnehmenden Vermessung des Istzustandes des jeweils hergestellten unteren Schalenabschnitts sowie der Ermittlung und Visualisierung der Abweichungsdaten (Radius-, Höhenabweichung und seitliche Abweichung). Aus den Abweichungsdaten lassen sich Korrekturdaten für den folgenden Abschnitt generieren, indem unbeherrschbare Ursachen der Abweichungen erkannt und berücksichtigt werden.
Und hier liegt die größte Herausforderung bei dieser Aufgabe. Diese unbeherrschbaren Ursachen sind etwa Verformungen durch Sonneneinstrahlung, Windlast, Schwinden des Betons, thermische Fremdeinwirkungen, Setzungen durch Eigenlast sowie die Auswirkung von Masseinhomogenität in der Schale.
Die Deformationsbeobachtungen helfen bei der Einschätzung der genannten unbeherrschbaren Ursachen von Abweichungen. Referenzpunkte werden in verschiedenen Höhen ringsum an der Innenseite der bereits fertiggestellten Schale angebracht. Bei günstigen Bedingungen, also in den frühen Morgenstunden eines bewölkten windstillen Tages, erfolgt die Nullmessung dieser Punkte.
Referenznetz
Für alle Vermessungen ist ein äußeres und ein inneres Referenzpunktnetz erforderlich.
Das äußere Netz, bestehend aus umliegenden Pfeilern, bewegungssicher außerhalb des Setzungstroges und der Fallzone, dient dem inneren Netz zu Kontrollzwecken. Die Referenzpunkte sind Lage- und höhenmäßig zu bestimmen und auszugleichen. Ferner ist ein setzungssicherer Höhenfestpunkt für die Höhenanschlüsse und Setzungsmessungen erforderlich.
Wiederholungsmessungen
Diese, gleichmäßig über den Tagesverlauf verteilt oder bei extremen Witterungsbedingungen, zeigen die Verformung des Bauwerks und liefern wichtige Daten für die richtige Einschätzung der ermittelten Abweichungsdaten. Es ist nicht ratsam, sich an dieser Stelle allein auf Berechnungen zu verlassen. Praktische Erfahrungswerte dagegen spielen hier eine große Rolle, da beispielsweise die Verformungsparameter auch von der verwendeten Betonqualität abhängig sind.Aufnahme und Visualisierung der Abweichungsdaten
Die Messungen können z.B. bei der Erstellung jedes fünften Schalungssatzes erfolgen.
Es ist eine Aufnahme erforderlich, die die IST-Koordinaten eines Bezugspunktes liefert. Dieser Punkt könnte etwa die Oberkante Schalungssatz außen, in der Mitte der Kletterlisene sein. Von diesen Punkten müssen die Sollwerte (Radius, Höhe und Lisenenachse) vorliegen. Radiusabweichungen, seitliche Lisenenabweichungen und Höhenabweichungen können ermittelt und graphisch protokolliert werden.
Da beim Einsatz einer Kletterschalung der Höhenverlauf für jeden Schalungsabschnitt nicht hinreichend genau vorausberechnet werden kann und die Höhenkorrekturen des Schalenrandes nur nach oben erfolgen können, muss bei der Messung der Soll-Radius für die entsprechende Ist-Höhe ermittelt werden.
Dabei können sich z.B. im 50. Schalensatz Höhenabweichungen von 15 cm gegenüber der Vorausberechnung ergeben. Das würde bei einer Neigung von 30 cm/m einen Radiusfehler von + 4,5 cm bedeuten. Durch diese Beobachtungen können die Radien auf die jeweilige Ist-Höhe angepasst werden. Der geradlinige Verlauf der Kletter- und Windlisenen lasst sich durch ständige Korrekturen in kleinen Schritten sicherstellen. Wenn die Messungen in jedem Schalensatz nach dem Betonieren durchgeführt werden, können die Ergebnisse für die Steuerung der Schalungseinstellung des jeweils folgenden Schalenmeters genutzt werden.
Setzungsmessungen
Bei der Kühlturmvermessung sind Setzungsbeobachtungen essenziell wichtig.
Für diese wird im Fundamentbereich unterhalb jeder Stütze ein Höhenbolzen angebracht. Vom setzungsfreien Anschlusspunkt ausgehend wird in einem geschlossenen Nivellementszug jeder Höhenbolzen gemessen. Die Nullmessung erfolgt nach Fertigstellung des ersten Schalenabschnitts Ja nach zu erwartender Setzung werden die Folgemessungen abhängig vom Lastfall (z.B. alle 25 Höhenmeter) wiederholt und die Setzung sowohl zur Vormessung als auch zur Nullmessung ermittelt. Hierfür kommt ein Digitalnivellier mit einer Auflösung von weniger als 0,5 mm zum Einsatz.
Ausrüstung
Jahrelange Erfahrungen haben gezeigt, dass folgende Instrumente für die Basisausrüstung bei der Kühlturmvermessung sehr gut geeignet sind.- Digitalnivellier NA 3000 von Leica oder DINI 12 von Trimble mit automatischer Datenspeicherung und digitalen Invarlatten 2 und 3 m.
- Motorisiertes Computertachymeter mit reflektorloser Distanzmessung (z.B. TCRA1101 oder TCRA1201 von Leica) und Zenitokular
- Manuelles elektronisches Tachymeter mit Zenitokular und Zweiachskompensator
- Die Anforderungen an die Aufnahme prismen hängen hauptsächlich von der zum Einsatz kommenden Kletterrüstung und –schalung ab und müssen den Gegebenheiten angepasst werden.
Auswertungs-Software
Für die Datenauswertung am Computer verwenden wir vorrangig diese Software:- STRATIS
- NIGRA
- EXCEL/WORD